Ob da ein „Hammer-Tor“ zu sehen sein wird? Ist das ein guter Begriff? Oder ist es anschaulicher, wenn Live-Kommentator Wolff-Christoph Fuss erkennt, dass eine Mannschaft noch nicht „auf Betriebstemperatur“ ist, während die andere „den Vorsprung nur verwaltet“? Sagt er das laut oder leise? Schreit er oder bleibt er sachlich? Mit phonetischen Phrasen, der Intonation und Lautstärke von Fußball-Kommentatoren befasst sich am 27. April 2022 der Vortrag des Saarbrücker Wissenschaftlers Dr. Jürgen Trouvain.
Von vielfältig ähnlichen spannenden Themen und Forschungsmethoden kann sich jede:r Interessierte in der Ringvorlesung „Sportkommunikation. Sprache, Medien, Kultur – Interdisziplinäre Perspektiven“ überzeugen. Veranstaltet wird sie von Prof. Marcus Callies und Dr. Inke Du Bois vom Fachbereich 10 Sprach- und Literaturwissenschaften der Universität Bremen.
Dr. Inke Du Bois betätigt sich gemeinsam mit ihrem Kollegen Axel Schmid (IDS Mannheim) als Video-Analystin. Sie zeigen, dass was wir im Fernsehen als ARD-Sportschaubeitrag eines Bundesligaspiels sehen, eine von vielen Akteuren kunstvoll auf größte Dramatik und Rhetorik zugeschnittene Kurzversion des realen Spiels ist. Beide nehmen am 22. Juni 2022 die komplexen Interaktionen von Kamera, Schnitt, Regie und Kommentar beim Erstellen eines Sportschau-Beitrags unter die Lupe.
Einige der Vorlesungen finden im Ostkurvensaal des Weserstadions statt. So nennen es jedenfalls die Fans, dabei trägt es doch längst den Vornamen „wohninvest“. Auch die Frankfurter Fans ziehen selbstverständlich ins „Waldstadion“, obwohl es offiziell „Deutsche Bank Park“ heißt, und für den „Signal Iduna Park“ haben die Ultras der Dortmunder Borussia, die es in ihr Westfalenstadion zieht, nur Spott übrig. Mit der Linguistik der Stadionumbenennungen zwischen lokaler Tradition und Big Business beschäftigt sich am 29. Juni Dr. Cornelia Gerhardt von der Universität des Saarlandes.
Legendär wurde der Ex-Werderaner Per Mertesacker unter anderem wegen seines ungewöhnlichen Interviews unmittelbar nach dem Spiel gegen Algerien während der Fußball-Weltmeisterschaft 2014. Er wollte nur noch „drei Tage in die Eistonne“. Direkt nach dem Spiel können manche Spieler nur noch stammeln, einige dreschen Phrasen oder beschönigen ihre Leistung, ab und an ist jemand witzig. Solche „post-match interviews“ gibt es längst „around the world“, also überall auf der Welt. Eine vergleichende Analyse liefert Dr. Kieran File von der renommierten englischen Universität Warwick im Rahmen der Ringvorlesung
Das sind nur einige der interessanten Vorträge und Diskussionen von deutschen und internationalen Fachwissenschaftler:innen.
https://www.callies.uni-bremen.de/RVL_SportkommunikationSS2022.pdf
In her presentation Solvejg Wolfers-Pommerenke critically reflects on the
methodological implications and challenges of indexing gender and sexuality by research participants when conducting
ethnographic fieldwork in explicitly gendered contexts, where notions of hegemonic masculinity are
prevalent. Drawing on over 60 hours of audio-recorded and observed interactions among male professional and elite football players and coaches before, during and after football matches and trainings, she critically discusses the kinds of gendered
and sexualised identities participants regularly assign to the female* researcher. Discursive examples of
heterosexist interactions will be presented and possible reactions discussed. Ultimately, Solvejg argues that in ethnographic research projects, the construction of gender and sexual identities is potentially always relevant to
data collection and research outcome calling for more reflexivity from (male) colleagues in the
field.
Solvejg Wolfers-Pommerenke is a postdoctoral research associate at the Institute of English Studies at Leuphana University of Lüneburg. Her research interests include team cohesion, identity
construction, gender, leadership discourse, and the multiple uses and functions of humour.
Fußball ist eine immer noch stereotyp männliche Sportart, deren Normen hegemonialer Männlichkeit u.a. in und durch die Diskurse der Spieler*innen, Trainer*innen, der Medien, der Fans sowie
der Gesellschaft auf unterschiedlichen Ebene konstruiert, reguliert und verstärkt werden. Frauenfußball
ist dabei immer noch – trotz national und international wachsender Sichtbarkeit und Interesse – die von der männlichen Norm abweichende, markierte Sportart. Der Zugang von Frauen wird weiterhin sozial, institutionell und individuell
mittels unterschiedlicher gate-keeping Praktiken beschränkt. Das hier vorgestellte Projekt widmet sich
der U 16 Mädchenmannschaft des First Vienna Football Clubs in Österreich. Es analysiert mit Hilfe unterschiedlicher Datensätze ((Fokusgruppen-)Interviews mit Spielerinnen, Eltern und Trainers, Teaminteraktionen
sowie Spielerinnen-Profile bzw. Kommunikation auf Instagram und SnapChat) und mittels unterschiedlicher
qualitativ-linguistischer Methoden die diskursiven Identitätskonstruktionen der Spielerinnen sowie die komplexe und sich nur langsam wandelnde Bedeutung von (Frauen-)Fußball.
Prof. Dr. Eva-Maria Graf ist angewandte Sprachwissenschaftlerin, die sich
u.a. mit der Konstruktion von Gender (und anderen Identitätskategorien) in verschiedenen professionellen/institutionellen Kontexten wie Coaching oder Fußball beschäftigt. Mit Hilfe von (kritischen)
diskursanalytischen und multimodalen Methoden untersucht sie, wie sozialAkteur*innen in und durch ihre
Interaktion und Kommunikation existierende Ideologien und binäre Kategorisierungen aufrechterhalten bestärken, aber auch dekonstruieren und in Frage stellen.
Im FIFA Fußball konkurrieren oft zwei Diskurse: auf der einen Seite die Praktiken
der Fußballfans, die lokale Identität zelebrieren, oft mit den Stadien als Heimstätten von Riten und Tradition. Auf der anderen Seite ist Fußball „Big Business“, so dass Entscheidungen der Clubs und Verbände sich dem Profit zu unterwerfen
scheinen. Der Vortrag befasst sich mit diesem Spannungsfeld zwischen Tradition und Finanzen in Hinblick
auf die Umbenennungen von Fußballstadien aus linguistischer Perspektive.
Dr. Cornelia Gerhardt arbeitet als Linguistin im English Department der Universität des Saarlandes. Ihr besonderes Interesse gilt pragmatisch-funktionalen, daten-basierten Ansätzen zu
Sprachgebrauch in Mediendiskursen sowie der Medienaneignung insbesondere zu den Themen
Fußball und Essen, auch in Bezug auf Multimodalität und Embodiment.